Das Ohr – ein spezielles Sinnesorgan
Sehen, fühlen, riechen, schmecken und hören – die fünf Sinne des Menschen. Keiner der Sinne ist so genau wie der Gehörsinn. Ein Mensch ist in der Lage, schon zwei Winkelgrade Positionsunterschied
einer Schallquelle zu erkennen. Das Gehirn wertet den Zeitunterschied des eintreffenden Schalls auf die Ohren aus und bestimmt so die Position der Schallquelle.
Mit dieser Leistung ist das Gehör deutlich genauer als das Auge, welches zwei optische Reize mit der gleichen Verzögerung nicht unterscheiden
könnte. Der Tastsinn, Geruchssinn und Geschmackssinn sind in der Regel noch viel ungenauer. Nur eine Minderheit ist in der Lage, Punkte der Blindenschrift zu erkennen oder Geschmäcker und Gerüche
ohne den optischen Eindruck eindeutig zuzuordnen, auch wenn es sich um banale Alltagsreize handelt.
Das Gehör ist nicht nur äusserst präzise, es ist ausserdem auch sehr anpassungsfähig. Sprechen mehrere Personen gleichzeitig, können wir eine Person „herausfiltern“ und verstehen sie. Zwei
weitere Eigenschaften können Sie im Selbstversuch testen.
1) Wir gewöhnen uns an Klangbilder
Um diese Eigenschaft zu testen brauchen Sie eine Stereoanlage oder einen MP3-Player mit eingebautem Equalizer (Klangregler). Stellen sie zunächst den Klang so ein, dass es für Ihren Geschmack gut
klingt. Merken Sie sich die Einstellung des Equalizers, je nach Gerät können Sie die Einstellung speichern. Dann stellen Sie den Equalizer so ein, dass die Höhen (ab 4000Hz und höher, je nach
Gerät auch „Treble“ genannt) deutlich überbetont werden. Hören Sie mit dieser Einstellung einige Minuten lang Musik. Stellen Sie schliesslich den Equalizer zurück auf die vorher gespeicherte
Einstellung und hören Sie sich dasselbe Lied nochmals an. Sie werden feststellen, dass es Ihnen „dumpf“ vorkommt, obwohl es Ihnen ursprünglich gefallen hat – das Gehör hat sich an die
Überbetonung der Höhen gewöhnt.
2) Wir gewöhnen uns an Lautstärke
Schalten Sie am Morgen möglichst unmittelbar nach dem Aufstehen Ihre Stereoanlage an und lassen Sie die Musik in einer für Sie angenehmen Lautstärke laufen. Wenn Sie am Abend nach Hause kommen,
schalten sie die Musik erneut ein und werden vermutlich feststellen, dass Sie die Musik lieber etwas lauter mögen, als noch am Morgen. Korrigieren Sie die Lautstärke, bis Sie wieder angenehm
erscheint. Am folgenden Morgen werden Sie die Einstellung vom Vorabend als zu laut empfinden. Das Gehör gewöhnt sich an den „Lärm“, dem es den Tag über ausgesetzt ist. An einem Konzert oder an
einer Party ist es ebenso. Steigt der Schalldruck der Anlage langsam immer höher, bemerken wir das nicht, weil sich unser Gehör daran gewöhnt. Alkohol kann ausserdem das Lautstärkeempfinden
ebenfalls beeinflussen. Damit man die Ohren nicht überstrapaziert sollte man in lauten Umgebungen immer wieder eine Pause an einem ruhigen Ort verbringen. So kann man später die Lautstärke
objektiver beurteilen und sich bei Bedarf mit Gehörschützen vor einer dauerhaften Schädigung des Gehörs schützen. Für das Gehör ist übrigens ein impulsartiges, lautes Geräusch wie zum Beispiel
ein Knall wesentlich schlimmer, als ein konstant lautes Geräusch wie Maschinenlärm oder laute Musik.